Die Feuerstelle als Performance Rahmen im Straßentheater

Jennie am 08.12.2016

Feuershows sind oft kurzweilige Events, sie laden ganz kurz und knackig als Höhepunkt des Abends zum Staunen ein.
Als Feuerkünstler kennen wir diese Veranstaltungsebene gut. Für uns entstehen dabei Fragen : Wie bringen wir Feuer, Artistik und die Feuerstelle als sozialen Raum des Miteinanders zusammen? Wir denken an Kunst als Installation ohne enge zeitliche Begrenzung. Bisher ist nie ist eine Feuerstelle ganz pur im Mittelpunkt unserer Performance aufgetaucht. Eine Feuerstelle, die Holz als Brennmaterial nutzt, eine Show, eine Performnace, die nicht schnell, laut, kurz und knackig ist, sondern zum verweilen einlädt.
Diesen Winter beginnen wir unsere Recherche für eine Feuerinstallation, und hier sind einige Gedankenfäden dazu.

Was macht eigentlich das “ am Feuer sitzen “ aus? Es ist phantastisch, den Abend bis in die Nacht hinein und dann bis in die frühen Morgenstunden Musik zu machen, zu trommeln, Lieder zu singen, zu feiern. Die Kraft des gemeinsamen Singens und Musizierens und Feierns zu spüren. Und am Feuer ist es erlaubt, sich den stillen Momenten hinzugeben und einfach ins Feuer zu schauen ohne irgendetwas tun zu müssen.
Zusammen am Feuer zu sitzen gehörte wohl eher in früheren Zeiten zum Alltag. Das war wahrscheinlich auch weniger aufregend und romantisch, hatte auch nichts von Abenteuer, sondern war einfach wärmend und praktisch.
Feuerstellen gibt es verschiedenste – drinnen ein Kamin, Ofen oder Herd, in Jurten und Tipis oder draußen unter freiem Himmel. Als Feuerstellen eignet sich ein schlichte Kuhle in der Erde von Steinen umringt oder eine Schale aus Metall. Feuer wärmt, wir können etwas kochen, Stockbrot ins Feuer halten, Kartoffeln im Feuer rösten. Oder alte Briefe und Erinnerungen verbrennen. Ich war als Kind begeistert vom Osterfeuer, das war immer riesengroß. So unüberschaubar groß, da hatte ich Respekt vor. Unglaublich fasziniert war ich schon allein von dem Berg an Ästen und Zweigen, die Tage zuvor auf der Wiese beim Bauern zusammengetragen wurden. Die vergangenen Jahre war ich immer mal wieder bei einem richtig großen Osterfeuer oder Sonnenwendfeuer im Umland von Berlin dabei, und ich bin immer noch begeistert von dieser glühenden Hitze. Ich schätze Feuer Rituale als einen sozialen Treffpunkt und, wie bei Schwitzhüttenzeremonie als Raum, um mit sich selber etwas zu klären.
Es gibt diese Rituale nur selten in meinem Leben, aber sie sind kraftvoll. Weitaus häufiger kenne ich Feuer im Garten, im Urlaub oder zum Geburtstag mit der obligatorischen Lagerfeuer-Gitarre und der bunten Mischung von Hits und Liedern. Da kann fast jeder wenigstens den Refrain mitsingen.
Die Feuerstelle ist ein wunderbarer Platz, um gemeinsam Zeit zu verbringen. Mit diesem Geschmack von “back to the roots”.
Die Idee, Geschichten am Feuer zu erzählen, ist natürlich nicht neu. Geschichten und auch Geschichte werden weitererzählt, werden verändert und neu erzählt. Neue Geschichten werden erfunden.
Und so, wie einmal etwas geschehen ist und aus verschiedenen Perspektiven wahrgenommen wurde, wird es einsortiert. Und geschichtlich einsortiert.Was ist wahr, was ist erdacht? Auf welche Reise nimmt dich die Geschichte mit, in welche Welten tauchst du ein? Geschichten sind Sammelbecken für unsere Ideen und Phantasien, Schicht für Schicht.Sie können als Erfahrungsaustausch untereinander nützlich und eine Teilhabe an Erlebtem sein. Und sicher geht es neben dem Amüsement auch darum, sich selber in Beziehung zu setzen zur Geschichte, sich selber zu erleben.
“Das ist doch längst Geschichte” meint, dass etwas schon lange vorbei ist.
Doch wann ist etwas vorbei? Etwa wenn es zeitlich und räumlich nicht mehr vorkommt? Oder wenn sich niemand mehr daran erinnert? Ist etwas vorbei, was aber in der Erinnerung noch verhaftet ist?
Sind Geschichten nicht gefüllt mit Erinnerungen, auch weil das Geschichten erzählen schon ein Erinnern ist?

Wir werden die Schnittstellen von Theater, Musik und Artistik, Erzählen und Zuhören an der Feuerstelle ausloten und einige Abende am Feuer verbringen in der nächsten Zeit!